Nachdenk.Zeit
Es war viel zu tun im Jahr 2021 und es gibt viel zu tun in den kommenden Jahren. Noch viele Geschichten von den Ereignissen in Lockenhaus in den Jahren vor und während der Kriegsjahre und das Schicksal vieler der im April 1938 aus dem Dorf vertriebenen Juden und Jüdinnen liegen noch im Dunkeln. Ganz besonders berührend war im vergangenen Jahr das "Kennenlernen" von Hermine Hacker. So wenig wussten wir - die Organisatorinnen der Gedenkwoche - im Gedenkjahr 2018 über sie. Nun weiß man, wo sie in Wien in den Jahren 1938 - 1941 nach ihrer Flucht aus Lockenhaus gelebt hat. Aus den von ihr erhaltenen Briefen ist bekannt, wie sie versuchte die Beschlagnahmung ihres Eigentums in Lockenhaus zu verhindern und in ebenfalls erhaltenen Akten ist zu lesen, dass sie zur Ausreise nach Litzmannsstadt (Polen) gezwungen wurde.
Erinnerung hat drei Buchstaben: TUN !
Jänner:
Zum Holocaust Gedenktag im Jänner wurde in Lockenhaus ein Postwurf an alle Haushalte verschickt. Da es viele Holocaust Opfer aus Lockenhaus gibt, soll an diesem Tag (27.1.) auch in Lockenhaus zu einem kurzen Innehalten und Nachdenken angeregt werden.
April:
"Gedenk am 20.4." An diesem Datum im Jahr 1938 wurden Dr. Süss und alle anderen noch in Lockenhaus lebenden Juden und Jüdinnen aus dem Dorf vertrieben. Dieses Datum ist daher eng mit der Geschichte von Lockenhaus verbunden. Ein" Gedenktag" in Lockenhaus.
Juli:
Sieben Verwandte des Lockenhausers Moshe Stössel waren im Juli zu einem Kurzbesuch in Lockenhaus. Im Gastgarten vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Stössel wurde gemeinsam Kaffee getrunken und veganes Eis gegessen, über die jüdische Geschichte des Dorfes erzählt und über die Zukunft geplaudert.
August:
Im Sommer war eine Recherche im Landesarchiv Burgenland in Eisenstadt erfolgreich. Ruth Patzelt konnte Daten zu Hermine Hacker, der Gemischtwarenhändlerin aus Lockenhaus finden. Es ist nun traurige Gewissheit, dass die Lockenhauserin in Polen im Holocaust ermordet wurde.
September:
Am 5.9 und am 26.9. fanden in Lockenhaus zwei Rundgänge zur jüdischen Geschichte des Dorfes statt. Mag. Denise Steiger und Ruth Patzelt führten über 50 Personen zu den ehemaligen jüdischen Häusern im Dorf und erzählten über die vertriebenen Familien und deren Leben in Lockenhaus.
Wie mittlerweile jedes Jahr wurde im September ein Brief an den Gemeinderat mit Vorschlägen und Anregungen von Ruth Patzelt zur Erinnerungsarbeit im Dorf geschickt.
Laufend während des Jahres:
Die seit 2019 bestehenden Kontakte zu den Nachkommen des Lockenhausers Emanuel Stössel in England wurden gepflegt und weiter vertieft.
Die Homepage shalom-lockenhaus.at wurde teilweise überarbeitet und mit Fakten und Daten zu den neuesten Erkenntnissen erweitert.
Die Facebookseite "1938.2018 shalom.nachbar in Lockenhaus" informiert seit ihres Bestehens 2018 laufend über Aktuelles und für Lockenhaus Relevantes. Mit anderen FB-Erinnerungsseiten werden regelmäßig Neuigkeiten und Informationen geteilt.
November:
Ruth Patzelt traf sich mit der sehr engagierten Pädagogin für Geschichte, Dipl-Päd. Ulreich Christine von der NMS Lockenhaus, um über die Einbindung der jüdischen Geschichte von Lockenhaus im Unterricht zu reden und um Unterstützung anzubieten.
In Wien stehen alle, bis jetzt bekannten Shoa-Opfer aus Lockenhaus auf der seit November öffentlich zugänglichen Namensmauer für die österreichischen Opfer der Shoa.
Dezember:
Anruf aus dem Gemeindeamt Lockenhaus: Es gibt in der politischen Gemeinde Überlegungen bezüglich eines Erinnerungsprojekts für den in Lockenhaus geborenen Schauspieler Ludwig Stössel. Auch andere Inhalte aus dem Septemberbrief werden am Telefon diskutiert. Bei der Gemeinderatssitzung vor Weihnachten wird darüber dann leider nicht gesprochen.
Übrigens: Die Hecke ist noch immer unverändert hoch! Zu hoch!
Ausblick 2022
Holocaust Gedenktag am 27. Jänner
Gedenk! Vertreibung der jüdischen Nachbarn aus Lockenhaus am 20. April
Europäischer Tag der Jüdischen Kultur am 4. September
Stilles Gedenken am 9. November
Shalom aus Lockenhaus!